An vielen Orten in Brandenburg versuchen engagierte Bürgerinitiativen den Bau von Massentierhaltungsanlagen zu verhindern. Dazu legen sie meist Einwendungen und Widersprüche im Genehmigungsverfahren ein und gehen zusammen mit den Umweltverbänden vor Gericht. Doch der Widerstand im Rahmen der Genehmigungsverfahren erfordert viel Geduld und ist mit großem zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden. Damit der Protest gegen Massentierhaltung in Brandenburg vielfach zu Erfolgen führen kann, hat das Aktionsbündnis Agrarwende Berlin-Brandenburg nach dem Volksbegehren gegen Massentierhaltung im Jahr 2016 die Kampagne „Stoppt den Megastall!“ gestartet.
“Stoppt den Megastall!” ist eine Kampagne des Aktionsbündnisses Agrarwende Berlin-Brandenburg und wurde auf Initiative des BUND Brandenburg angestoßen. Ziel ist es, in enger Zusammenarbeit mit Bürgerinitiativen vor Ort den Neu-/ Ausbau von riesigen Nutztierhaltungsanlagen zu verhindern, die eindeutig den Phänomenen “Massentier-haltung” bzw. “Agrar-industrie” zuzuordnen sind. Das bedeutet, mit Einwendungen, Widerspruchs- und Klageverfahren gegen Massentierhaltungsanlagen vorzugehen.
Die Kampagnenarbeit wird von der Bewegungsstiftung gefördert. Die Kampagne vernetzt BUND Brandenburg, NABU Brandenburg, Fachjuristen, Umweltexpert*innen, zivilgesellschaftliche Initiativen und zahlreiche Bürgerinitiativen ...
Schweinemastanlage Haßleben kommt nicht – Genehmigung ist endgültig aufgehoben
Gemeinsame Pressemitteilung von NABU Brandenburg, BUND Brandenburg, Deutscher Tierschutzbund, Bürgerinitiative Kontra Industrieschwein Haßleben, Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, Förderverein Feldberg-Uckermärkische Seenlandschaft, Deutscher Tierschutzbund Landestierschutzverband Brandenburg und PROVIEH
Die Schweinemastanlage Haßleben wird nicht in Betrieb gehen. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat endgültig festgestellt, dass die für die Anlage mit 37.000 Mastplätzen erteilte Genehmigung rechtswidrig ist. Damit endet der seit 16 Jahren andauernde Kampf von Verbänden, Initiativen und Privatpersonen gegen die geplante industrielle Tierhaltung in der Uckermark.
Das OVG Berlin-Brandenburg hat mit Beschluss vom 6. Juli 2020 den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam abgelehnt. Das
VG Potsdam hatte die Genehmigung, die das Landesamt für Umwelt im Jahr 2013 erteilt hatte, mit Urteil vom 16. Oktober 2017 aufgehoben. Dieses Urteil ist nunmehr rechtskräftig, weitere
Rechtsmittel gibt es nicht mehr.
Das VG Potsdam hatte die Schweinemastanlage aus bauplanungsrechtlichen Gründen für unzulässig erklärt. Die Genehmigungsbehörde war bei ihrer Genehmigung davon
ausgegangen, dass der riesige Komplex der alten DDR-Mastanlage innerhalb des Orts Haßleben in der Uckermark liegt. Dem widersprach das VG mit dem Argument, dass sich eine solche Großanlage nicht
in ein kleines Dorf „einfügt“. Im Außenbereich, so das VG, sei die Anlage aber nicht genehmigungsfähig, weil es sich bei einer solchen Anlage nicht um ein sog. privilegiertes Vorhaben
handelt.
Das OVG hat dies nun bestätigt. Damit ist der Rechtsstreit beendet.
Geklagt hatten die Umweltverbände NABU und BUND und der Deutsche Tierschutzbund zusammen mit dem Deutschen Tierschutzbund Landestierschutzverband Brandenburg. Die
klagenden Verbände waren breit unterstützt worden, unter anderem von der örtlichen Bürgerinitiative Kontra Industrieschwein Haßleben, der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, dem
Förderverein Feldberg-Uckermärkische Seenlandschaft und PROVIEH.
Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, sagt dazu: „Wir sind froh und
erleichtert, dass wir die geplante Megaanlage verhindern und somit vielen tausenden Schweinen das Leid in engen Buchten ohne Beschäftigung ersparen konnten. Obwohl bauplanungsrechtliche Gründe
ausschlaggebend waren, ist die Entscheidung des Gerichts auch ein starkes Signal für eine tiergerechtere Landwirtschaft.“
Friedhelm Schmitz-Jersch, Vorsitzender des NABU Brandenburg, erklärt: „Haßleben war immer der
Inbegriff der industriellen Tierhaltung in Brandenburg. Dieses Projekt ist nunmehr gescheitert. Die Region kann aufatmen, für den Natur– und Tierschutz ist das Urteil ein großer
Erfolg.“
Thomas Volpers, stellvertretender Vorsitzender des BUND Brandenburg und selbst Uckermärker,
ergänzt: „Wir begrüßen das Urteil und danken für die breite Unterstützung. Leider ist es nur ein Verfahren von vielen, die wir momentan führen müssen, um weitere Massentierhaltung im Land zu
verhindern. Das zeigt, dass sich grundlegend etwas ändern muss.“
Sybilla Keitel und Gert Müller von der Bürgerinitiative Kontra Industrieschwein Haßleben nehmen
das Urteil mit gemischten Gefühlen auf: "Wir sind erleichtert. Schwer erträglich finden wir es allerdings, dass wir als Bürger*innen nunmehr 16 Jahre lang mit viel Energie sowie beträchtlichem
finanziellen Einsatz darum kämpfen mussten, die Landesregierung Brandenburg zur Einhaltung der Gesetze zu zwingen, und sie davon abzuhalten, diese permanent nach den Wünschen und Spielregeln des
Antragstellers zurecht zu biegen."
Auch Rechtsanwalt Peter Kremer, der die Gegner der Mastanlage im Verfahren vertreten hatte,
freut sich über das immense Durchhaltevermögen der Verbände und Bürger*innen. Gleichzeitig appelliert er an die Behörden, mit solchen Anträgen künftig anders umzugehen: „Man wird sich die Frage
stellen dürfen, warum die Zivilgesellschaft mehrere zehntausend Euro in ein behördliches und anschließendes gerichtliches Verfahren investieren muss, damit am Ende eine Entscheidung nach Recht
und Gesetz ergeht.“
Besonders erleichtert ist Ernst Pries, der bereits in den 70er- und 80er Jahren gegen die
damals bestehende Schweinemast gestritten hat. Er hatte auch die Auswirkungen der Gülle und Abluft auf Böden und Vegetation im Umkreis von vielen Kilometern untersucht und dokumentiert. Nach wie
vor ist ihm jedoch unverständlich, dass diese Vorbelastung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren überhaupt keine Rolle spielte.
Hintergrund:
Die Schweinemastanlage Haßleben in der Uckermark war die größte Mastanlage der DDR mit bis zu 140.000 Mastplätzen.
Nach einem ersten vergeblichen Versuch 1998 hatte im Jahr 2004 ein niederländischer Schweinemäster einen Antrag auf Neugenehmigung für rund 85.000 Mastplätze beim
Landesamt für Umwelt Brandenburg gestellt. Über 1.200 Einwendungen gegen das Vorhaben wurden an insgesamt 11 Tagen im Schloss Boitzenburg öffentlich erörtert.
Die Kritiker der Schweinemast, darunter der Deutsche Tierschutzbund, die Umweltverbände NABU und BUND, weitere Verbände der Zivilgesellschaft und viele
Privatpersonen, hatten zahlreiche Argumente vorgelegt, warum die Anlage aus Gründen des Tierschutzes, des Umweltschutzes und des Baurechts unzulässig war.
Die Anlage liegt zwischen den seenreichen Nationalen Naturlandschaften Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin und Naturpark Uckermärkische Seen. Wegen seiner Lage
hatte schon die Wasserwirtschaft in der DDR diesen Standort abgelehnt. In unmittelbarer Nachbarschaft wurde mit Bundes- und Landesmitteln sowie finanzieller Unterstützung des WWF Deutschland
durch den Förderverein Feldberg-Uckermärkische Seenlandschaft das umfangreichste Naturschutzgroßprojekt Deutschlands zur Verbesserung des Landschaftswasserhaushalts umgesetzt
Der Schweinemäster versuchte, durch eine Reduzierung der Mastplätze auf 67.000 und dann noch einmal auf 37.000 die drohende Ablehnung der Genehmigung
abzuwenden.
Im Jahr 2013 genehmigte das Landesamt für Umwelt die Anlage mit knapp 37.000 Mastplätzen. BUND, NABU und Deutscher Tierschutzbund erhoben gegen die Genehmigung
Klage beim Verwaltungsgericht Potsdam. Das VG Potsdam hob die Genehmigung mit Urteil vom 16. Oktober 2017 auf.
Gegen dieses Urteil hatte der Schweinemäster die Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg beantragt. Das OVG hat die Zulassung der Berufung jetzt abgelehnt. Damit ist
die Genehmigung endgültig aufgehoben, weitere Rechtsmittel gibt es nicht mehr.
Genehmigung für Schweinestall in Saalow rechtswidrig
Manchmal braucht man im Umwelt- und Tierschutz einen langen Atem. Am 14. November 2019 hat das Verwaltungsgericht Potsdam die Genehmigung für die Schweinezuchtanlage in Saalow (Gemeinde Am Mellensee) für rechtswidrig erklärt. Die Einwendungen hatten wir 2012 erhoben, 2013 wurde die Änderungsgenehmigung erteilt, gegen die wir Widerspruch eingelegt hatten. Nachdem der Widerspruch abgeschmettert wurde, hatte der BUND Brandenburg 2015 geklagt. Das Verwaltungsgericht hat die Genehmigung für nicht vollziehbar erklärt, da die Auswirkungen auf nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU geschützte Gebiete nicht geprüft wurden, besonders geschützte Biotope beeinträchtigt werden und der Artenschutz unzureichend berücksichtigt wurde. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Saalower Mast GmbH kann Berufung beim Oberverwaltungsgericht einlegen. Daher benötigen wir weiterhin Eure Unterstützung und Spenden, die auch online überwiesen werden können: https://www.betterplace.org/de/projects/45422-bald-5-000-krauterschweine-in-saalow-keine-massentierhaltung-am-mellensee
Mit unserem Newsletter informieren wir regelmäßig über Massentierhaltung in Brandenburg. Sie erfahren, wo der nächste Stall gebaut wird und wie Sie den Widerstand gegen Massentierhaltung unterstützen können. Dazu laden wir Sie zu Veranstaltungen und Aktionen ein und senden Ihnen ca. ein bis zwei mal pro Monat aktuelle Informationen zu.
Die Kampagnenarbeit wird vom BUND Brandenburg getragen und zum Teil von der Bewegungsstiftung gefördert. Dennoch werden weitere Mittel benötigt, um z.B. Veranstaltungen zu organisieren, Kampagnenmaterialien zu erstellen und die online-Aktivitäten auszubauen. Zudem hat die Kampagne einen Fotowettbewerb gestartet und plant für eine Wanderausstellung mit einer entsprechenden Veranstaltungsreihe zu organisieren. Die Kosten sind noch nicht gedeckt. Aus diesem Grund bittet der BUND Brandenburg um Spenden für die Kampagnenarbeit.
Freiland-Legehennenanlagen: Gesetzesverstöße riskieren Gesundheit der Menschen in Brandenburg
In Brandenburg verstößt das Landesumweltamt bei der Genehmigung von Freiland-Legehennenanlagen gegen geltendes Recht. Zu diesem Schluss kommt der Berliner
Verwaltungsrechtler Tim Stähle, der im Auftrag des BUND Brandenburg Forschungsergebnisse des Fachgebietes Ökologischer Land- und Pflanzenbau und des Fachbereiches Ökologische Agrarwissenschaften
der Universität Kassel rechtlich bewertet hatte...